Frische Fische aus dem Kivusee

Vom Leben in Shangi
und Besuchen in den Nachbarpfarreien Mibilizi und Muyange 
von Joachim Schwitalla

Die Fahrt mit dem Bus nach Mwito, einer Filialgemeinde der Pfarrei Shangi, führt die Delegation der Pfarrei St. Martin durch die Kommune Shangi. Die liegt unterhalb der Paroisse an einem Hügel zwischen natürlichem Waldwuchs, Bananenplantagen und kleineren Kulturen wie Baumtomaten. Am Ortseingang, unterhalb der Kirche, ist man dabei, ein Areal mit Hanglage zu roden. Eine Schule für Technik soll darauf entstehen. 

Straße in RuandaApropos Straßen. Abseits der asphaltierten Hauptverkehrsadern ist die Fahrt zu den Ortschaften im Landesinnern ein Abenteuer. Sandig und steinig, holprig und zerfurcht sind die Wege. Wehe, es fährt ein Fahrzeug voran und hinterlässt Staubwolken. Trotz geschlossener Fenster durchdringt der feine Sand die Lücken der Karosserie und belegt Mund und Nase der Fahrgäste. 

Im Schneckentempo durch die Hügellandschaft 

Shangi, ein Straßendorf, wie die meisten Orte in Ruanda ohne Straßennamen und Hausnummern, weist neben dem Pfarr- und Schulzentrum zwei Banken, eine Gemeindeverwaltung neueren Datums und kleine Läden für den täglichen Bedarf auf. Die einfachen Häuser aus Stein, Holz oder Lehm liegen zerstreut in der Landschaft. Verkehrsmittel der Menschen sind die Füße, Gepäckträger sind Arme und Kopf. 

Passiert der Bus die Straße, kommen Kinder in ärmlicher Kleidung gerannt, winken, strecken die Arme aus. Erwachsene unterbrechen die Feldarbeit, winken ebenfalls. 

Im Schneckentempo bahnt sich der kleine Bus durch die Hügellandschaft. Die variiert zwischen 1400 und 2000 Meter. Das Grün der Natur wird durch die rotbraune Erde der Felder durchbrochen. Fruchtbare Täler und kultivierte Hänge tun sich auf. Vorbei geht es an Reis- und Teefeldern, Feldern mit Maniok, Kaffee- und Bananenplantagen. Bergauf, bergab werden die Fahrgäste auf ihren Sitzen durchgerüttelt. Nichts für empfindliche Mägen. 

Teilen wie St. Martin 

Mwito, die ärmste Filiale mit 1600 Christen und 21 Basisgemeinden, empfängt die Gäste aus Kaiserslautern mit Kindern, die tanzen und singen. Die Menschen haben sich aufgemacht von den Hügeln, um mit ihrem Pfarrer Alexis und Pfarrer Andreas Keller einen Gottesdienst unter freiem Himmel zu feiern. Daneben stehen die angefangenen Grundmauern der zu errichtenden Kirche. Allein es fehlen die Steine, um die Wände weiter hochzuziehen. 

Auch wenn die Menschen nichts besitzen, wie St. Martin teilen sie das Wenige und überreichen einen Teller mit Früchten und ein Holzgefäß für Milch. Wie der Chor der Gemeinde sich nach dem Namenspatron der Partnergemeinde nennt, soll später auch einmal die Kirche St. Martin geweiht werden. 

Frische Fische aus dem KivuseeUnser Abendessen ist gesichert. Eine Schüssel mit frischen Fischen, die eine junge Frau vom Kivusee her auf dem Kopf trägt, kaufen wir und nehmen sie im Bus nach Shangi mit.

In Sachen Entwicklung rangiert Ruanda vorne 

Was die Entwicklung Ruandas angeht, liegt das Land der tausend Hügel an der Spitze der afrikanischen Länder. In Sachen Informations- und Kommunikationstechnologie, Infrastruktur, Bildung, Medizin und Optimierung administrativer Strukturen belegt das Land in Zentralafrika vordere Plätze. So ist es immer wieder zu hören. 

Die Werbung von Anbietern für Telekommunikation ist nicht zu übersehen. Farbig überzieht sie die Häuserfronten von Städten und Dörfern. Das Handy gehört zum Alltag. Strom funktioniert nicht immer, fürs Wasser müssen die Menschen weit laufen und schwere Kanister tragen. Gekocht wird überm offenen Feuer. 

Die Märkte gleichen bunten Basaren und dienen neben dem Verkauf von Obst, Gemüse, Textilien und Allerlei, der Begegnung. Die Schulpflicht hat für den Bau von Grundschulen gesorgt. Die Wege für die Kinder sind weit und beschwerlich. 

Lichtblick in Mibilizi: Café amore et pace 

Ein Besuch in Mibilizi, eine Pfarrei, die ebenfalls von St. Martin unterstützt wird, zeigt die Mängel im Gesundheitswesen. In dem 1952 errichteten Krankenhaus fehlt es an vielem. Von den hygienischen Zuständen ganz zu schweigen. Für 185 Betten stehen sieben Ärzte zur Verfügung. Sie sind Generalisten. Ein Zahnarzt kann vom Bohrer nicht Gebrauch machen, weil der Kompressor zeitweise ausfällt. Anästhesie- und Beatmungsgeräte können mangels Kenntnis nur unzureichend bedient werden. Einen Techniker gibt es nicht. Die OP-Wäsche trocknet neben dem Hühnerstall. Familienangehörige versorgen die Patienten mit Essen. 

Ein Lichtblick ist das von Pfarrer Eugene eingerichtete „Café amore et pace“. Es verfügt über Verkaufsladen, Bar, Restaurant, Küche und überdachtem Freisitz. Gefragt sind die Eier der Hühner, die der Pfarrer mit dem Erlös der Martinskirche gekauft hat. 

Die Menschen in Ruanda sind fleißig, rackern sich mit einfachem Gerät auf ihren Feldern ab und gehen früh zu Bett. Gegen 18 Uhr wird es dunkel. Vom Griff zum Lichtschalter können sie nur träumen. 

Bootsfahrt auf dem KivuseeEine Bootsfahrt auf dem Kivusee 

Sie haben auf uns gewartet: Pfarrer Cyriaque, Agnes, die Leiterin des Gesundheitszentrums, viele Kinder und Pfarrangehörige. Einem singenden und tanzenden Empfang folgt ein Rundgang durch die Gesundheitsstation. Agnes hat die von der Pfarrei St. Martin errichtete soziale Einrichtung im Griff. Überschaubar, funktional und familiär gibt sich das Zentrum, das von Menschen mit Beschwerden und Schwangeren aufgesucht wird. Gesundheitsprävention wird großgeschrieben. 

Gesten der Zuneigung und Freundschaft werden im Gottesdienst ausgetauscht. Auch hier sorgt ein starker Chor für ein fröhliches musikalisches Feeling. Pfarrer Cyriaque dankt für die langjährige und vielfältige Unterstützung durch die Pfarrei St. Martin, erinnert an Pfarrer Norbert Kaiser und das vierzehntäglich samstags stattfindende Gebet für die Menschen in Kaiserslautern. „Jesus Christus ist es, der uns zusammengeführt hat“, sagt Pfarrer Keller. Applaus brandet auf, als Clarisse, unsere Dolmetscherin die Botschaft Kellers in die Landessprache übersetzt: „Die Partnerschaft mit Muyange wird auch in Zukunft fortbestehen!“ 

Nach dem Austausch von Gastgeschenken und einer kleinen Erfrischung, geht es hinunter zum Kivusee. Dort erwartet uns eine Überraschung. Für die auf der Hinreise ins Wasser gefallene Bootsfahrt, geht es nun mit einem langen Holzboot auf den See, der 1400 Meter hoch liegt. Wir genießen den Ausblick auf die Hügel und die Uferlandschaft. Blicken hin zum Kongo, dem westlichen Nachbarland und lassen uns treiben. 

Ein gemeinsames Essen, Musik, Tanz und Gesang beschließen den Besuch in der Paroisse am Kivusee. Ihr gehören 7000 Katholiken mit 43 Basisgemeinden an.

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